ART ist BALDRIAN
ARTIGE Freiheit in Wort und Bild

Die mentale und die technische Arbeitsweise

Am Anfang war der Apfelbutzen. So erzählt es die Familienchronik.

Klein, im Gitterbett, krank und gelangweilt, hatte ich an einem Äpfelchen herumgekaut, um schließlich mit dem kärglichen Rest die Wohnzimmerwand zu bemalen.

Diesem ersten künstlerischen Erguss war mehr ärgerliches Nachspiel gefolgt als für mich begreiflich war.

Bei dieser Differenz blieb es weitgehend. Verhältnismäßigkeit ist eine recht seltene Kunst.

Aber zurück zum Technischen. Der Erlebniswert im Schaffen ist regelmäßig von anderer Qualität als das nachfolgende Reflektieren auf das Werk.

Es waren dann Stifte, die ihre Spuren stifteten. Wir überspringen nun Entwicklungsjahre und landen an jenem Punkt an dem die vermeintliche Könnerschaft des Zeichnens frech und mutig edle Farben ins Spiel bringen wollte.

Der Salto war verheerend. Die üblen Schmierfarben für Kinder damals waren trüb sandig und einfach grob in jeder Beziehung.

Nun aber teure Künstleraquarellfarben. Diese Pigmentbrillanz hat alles Bisherige vom Tisch gewischt. Sprachlos, also vollkommen baff, konnte ich nicht die Klarheit meiner Striche mit den Farbflächen zu auch nur Irgendetwas kombinieren.

Die Farben hatten mich sowas von überfordert. Sogar der Gestaltungswille war zerflossen in dem Erleben von derart Unbekanntem.

Nun, es kam dann noch „Essig und Öl“ dazu und wie der ganze Zauber auch immer genannt werden will.

Man könnte es Gewöhnung an das Material, an die Werkzeuge nennen. Allmählich wächst dann doch der Eigenwille wieder über die neuen Spielzeuge hinaus.

Zum Glück. Ertrinken im Konsumentenvollrausch ist ja ohnehin täglich zu beobachten.

Dann schleppt sich diese Ölmalerei vielleicht dahin, drucken muss her, super, der Dreck an den Fingern bleibt nicht nur dort. Da kommt dann dieses Mailüftchen daher und bald hat jeder die Erste-Welt-Rechner am Tisch stehen, die alles besser können.

Super. Nur malen kann das Ding nicht. Dabei wäre das so praktisch. Keine Verdünnungsmitteldämpfe mehr, ich glaube ja manche malen nur derentwegen, aber egal.

Tetrismäßig Farb“Pixel“ rumschieben, das war der Anfang. Aber es kam diese sich selbst beschleunigende „Höllenfahrt“ der Revolution X hoch n.

Der Wahnsinn also. Und natürlich auch Malerei und schließlich Skulpturismus und Tourismus.

Programmtotalitarismus. Kampf der algorithmischen Herrschaftsgiganten. Zusammengekaufte Intelligenz der überall erreichbaren Menschenwelt schnitzt für Zufallsmachthaber die effektivsten Waffen im Krieg um Macht und Einfluss.

Wer die Macht hat, braucht auch kein Geld mehr. Logisch. Macht kann alles haben. Die Schleier und Nebel lassen die geblendeten Grubenpferde brav weiter schuften.

Was ich nicht weiß macht mich nicht heiß.

Ja Reisen. Ein Fluchtnebel. Älter werden und Reisen. Fotografieren. Mit dem Zeichnen geht doch nichts weiter.

Da riss mich der Entwicklungswahnsinn einfach aus allen Wolken. Die Computer und ihre Programmierer, das darf man nie vergessen, ein schlecht beaufsichtigtes Gespann wilder Schaffensfreude am mathematischen Zaumzeug. Die Sprache Mathematik hat nicht unerhebliche Eigenschaften. Aber wie ich nicht über die Farbenkräfte sehen konnte … … ja, selber weiterdenken. Die göttliche Willkür kann unser Aussterben nicht wollen, wer würde denn dann die Kirchensteuer zahlen?

Da machen wir einmal, dann sehen wir schon. Das schön vollbiologische Gift einer Kobra oder eines Krait ist zwar Natur pur, aber gesund ist das trotzdem nicht.

Als die Dampfmaschinen fahren lernten galt, die Befürchtung die Menschen würden verrückt werden bei Geschwindigkeiten über 30 Stundenkilometern, womöglich sogar sterben. Nun vielleicht hatten die sogar recht. Nur den Zeitrahmen hatten sie falsch eingeschätzt.

Egal, Maltechnik war das Thema. Ich habe also begonnen im Computer zu malen, was weniger stinkt, nicht so dreckig ist und direkt am Puls des Feindes geschieht.

Meine Methoden, Farben in das Ding einzuschleppen, weil es an und für sich recht steril ist, wollte ich zwar mitteilen, aber nun will ich doch nicht mehr.

Alles Wesentliche ist gesagt und wer mitdenkt, kann es sich selbst zusammenreimen.

Man sieht es doch den Bildern an. Wer Augen hat, um zu sehen, kann ja den Schein, den Reiz der Bilder durchdringen, und die Methoden erkennen, mit denen sie entstanden sind.

Es gibt da allerdings noch eine Kleinigkeit, als ich noch an Theatern gearbeitet hatte, ging mir eine Zeit lang die Fähigkeit des Genusses verloren. Alles, was ich sah, zersetzte ich analytisch in die wahrscheinliche Herstellungsweise. Das ist wie ein erklärter Zaubertrick. Die Faszination der Täuschung ist beim Teufel. Illusionen zerbröseln in technische Details.

Meine Bilder sind Illusionen, die aus meinen inneren Nebeln entstanden sind und keinen Anspruch – außer mich bitte am Leben zu lassen – haben.

Wenn empathisch erkannt werden kann, welch Geistes Kind das dargestellte, erfundene Gesicht ist, ja gut, das sollte die Elastizität des Betrachters betreffen. Mein teilweise absurd wirkender Farbgebrauch ist meiner „Rache“ zuzuschreiben, die ich an der Niederlage unter die Macht der Pigmente entzündet habe.

Das Selbstständige, das wirklich Private, bleibt wohl dem inneren Kern, dem lodernden Stern überlassen.

Technisch gesehen ist es unerheblich, womit man sich ausdrückt.

Die Eindrücke, ja, die Eindrücke, wer will es begreifen?

Technigg – das muss ein Kärntner sein.

 
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